Technik, die begeistert (aus „Geschichten, die das Leben schreibt“ von Bernd Malcherek, S.9)

 

Die Sonne schien auf meiner „Güst“ (Grenzübergangsstelle) und alle waren glücklich: die Reisenden, die Pässer (Passkontrolleure), es war ein ganz normaler Tag!

Plötzlich ein Reisender in einem grauen Anzug, nicht größer als 1,59 m und mit grauen Haaren. Böse blickten seine Augen, als er uns mit strammen Schritt entgegen kam. Körper gerade, die Hände zur Faust geballt, ebenso das Gesicht. Uns wurde schummrig von solcher Tatkraft. Wir, das hieß mein Kumpel und ich, kamen von der Kantine, gingen seelenruhig mit uns und der Welt im Reinen, zu unserem Abfertigungstrakt.

Dieser kleine Reisende stoppte unsere Wanderung mit den Worten: „Ihr bekommt mein Geld nicht ohne das Bild. Mit dem Westgeld werde ich euch nicht bezahlen, ich will mein Bild.“ Irgendwie mussten wir ganz schön blöd geguckt haben, bevor uns bewusst wurde, wer wir sind. Wir beruhigten den kleinen Mann und hörten uns den Grund seiner Verärgerung an. Danach wurden wir ruhiger und gingen zum Tatort. Dieser bestand aus einem Fotoautomaten aus den Anfängen der 70er Jahre, der von dem Reisenden 5,00 DM geschluckt, aber kein Bild herausgegeben hatte. Nun wussten wir aber, dass der Automat, der eigentlich auch schon Rentner war, öfter mal seine Bilder verschluckte. Das hieß einfach ein paar Schläge gegen das Fotogerät, und die verklemmten Bilder purzelten heraus. Mein Kumpel trat an den Automaten heran, klopfte leise an das Gehäuse und sagte in einem ruhigen Ton:“Otto, Otto, Otto mach hin, die Reisenden wollen weiter.“ Dabei fielen die Bilder in den dafür vorgesehenen Schlitz, und es war alles in Ordnung. Ja, bis auf die Blicke des Reisenden, diese hafteten am Automaten und in seinen Augen war wie im Spruchband zu lesen, jetzt sperren die och noch Leute im Fotoautomaten ein, um Bilder zu entwickeln. Die Schultern des kleinen Mannes senkten sich und er ging schweigend zum Schalter, um nochmal 5,00 DM für eine Lichtbildbescheinigung zu löhnen. Diese war vorgesehen für eine Fahrt im Transit durch das Territorium der Deutschen Demokratischen Republik.

 

Wollen wir hoffen, dass der Fotoautomat bei der Rückreise besser funktionierte, denn der Reisende musste ja zurück in seinen Heimatort, und das Foto + Ausweis war nur für eine Fahrt vorgesehen.

 

 

                                                   ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

 

 

 

Leseprobe aus „Tagebuchnotizen“ von Bernd Malcherek

 

„… Mittwoch früh. Erik schläft noch und ich schreibe diese Zeilen. Es wird so 7.30 – 8.00 Uhr sein. Die Nacht war schrecklich. Die Straße hinter uns heißt B 300, das ist keine Bezeichnung als Merkmal, sondern da hat einer gezählt, wie viele LKW und PKW da in einer Stunde langfahren. Stellenweise dachte ich, Bayern wird evakuiert. … Ich ging spazieren und sitze wieder im Auto, Erik schläft noch. Die Straße wird in B 400 umbenannt werden müssen. Die Bayern sind wirklich auf der Flucht, denn so schnell braucht man wirklich nicht zu fahren. Die Sonne blinkt durch die dreckige Fensterscheibe und 50 m weiter äste ein Reh.“ …(S.5)

 

„Der neue Tag begann damit, dass eine Entenmutter ihren sechs Kindern erklärte, dass das ein Zelt ist und darin Menschen schlafen.

Die Erklärung ging so lange, bis ich aufstand.

In der Entensprache hörte ich dann, dass sie sagte: ‚… und so sehen sie dann aus, wenn sie rauskommen.‘ Ich stand mit nackten Füßen auf dem nassen Rasen und die Entenmutter zog weiter, es war 7.00 Uhr, gefühlt 5.00 Uhr. (S.8 f)

 

„Die Leute in Frankreich sind lebensfroh, keine Abrisshäuser, keine Graffitischmierereien. Ich denke nach.“ (S.11)